Die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus sind ein tiefer Einschnitt in der Geschichte Deutschlands, Europas und weltweit. Die Wunden sind bis heute spürbar. Die Auseinandersetzung mit dieser Geschichte hat zunächst nur zögerlich und unter dem Druck der Alliierten begonnen.
Heute sehen wir eine vielfältige, tief in der Zivilgesellschaft verankerte Erinnerungskultur. Sie hat sich über die Generationen, mit der Einwanderung zu uns und mit der deutschen Wiedervereinigung verändert. Und sie wird sich weiter verändern. Zeitzeugen und Zeitzeuginnen werden uns nur mit ihren schriftlich oder auf Video aufgezeichneten Zeugnissen berichten können, Gedenkstätten werden eine größere Bedeutung erhalten und digitale Ansätze werden schon jetzt genutzt, um junge Menschen dort zu erreichen, wo sie sich aufhalten. Die aus der Aufarbeitung der Verbrechen von NS-Deutschland erwachsene Erinnerungskultur konkurriert nicht mit der Aufarbeitung unserer Geschichte insgesamt. Es bleibt von überragender Bedeutung, die Singularität des Holocaust nicht zu relativieren. Gleichzeitig ist es auch unsere Aufgabe, an die Verbrechen der Kolonialzeit zu erinnern sowie über die Erfahrungen von Menschen, die in der DDR unter der SED-Diktatur litten oder als Zugewanderte mit strukturellem Rassismus in der deutschen Gesellschaft kämpfen mussten und müssen, zu berichten und aufzuklären.
Im Zuge der Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit hat der DAAD ein aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanziertes Stipendienprogramm German Colonial Rule mit Fokus auf der Erforschung der Rolle deutscher Behörden während der Kolonialzeit aufgelegt, das voraussichtlich bis 2026 laufen wird.
Gemeinsame Erinnerungsarbeit schafft die Möglichkeit, unsere Zukunft gemeinsam zu gestalten. Die Lehren der Vergangenheit verpflichten uns, uns dafür einzusetzen, dass solche Verbrechen nie wieder geschehen. Das Auswärtige Amt setzt sich zusammen mit seinen Mittlerorganisationen für eine zukunftszugewandte Erinnerungskultur ein, die gerade auch den grenzüberschreitenden Dialog und Austausch zum Geschichtsverständnis fördert. Dafür sind, wo immer möglich, der Kontakt und die Zusammenarbeit mit den Zivilgesellschaften essenziell. Den Mittlerorganisationen mit ihren vielfältigen Netzwerken kommt hier eine wesentliche Rolle zu. Auch für die Erinnerungsarbeit gilt – wie insgesamt in unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik –, dass die Kooperation in vielen Ländern komplexer und schwieriger wird. Davon sollten wir uns anspornen lassen und weltweit gemeinsam mit unseren Mittlerorganisationen, der Zivilgesellschaft und engagierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ein ausgewogenes Geschichtsverständnis eintreten. —