Victoria Rizo Lenshyn: Was hat dich eigentlich an die DEFA Film Library geführt, Mariana?
Mariana Ivanova: Wahrscheinlich, wie bei dir, meine Faszination für DDR-Kino. Die begann, unerwarteterweise, während meines Graduiertenstudiums in den USA. Damals entdeckte ich, dass die DEFA (Deutsche Film-Aktiengesellschaft) mit etlichen Studios und Produzentinnen und Produzenten in Ost und West kooperiert hatte. Um die Forschungslücke zu füllen, habe ich mich in meinem ersten Buch mit der Rolle der DEFA im europäischen Filmkontext beschäftigt. Grundlage dafür waren etwa 55 Gemeinschaftsprojekte und der trotz staatlicher Verbote rege Filmaustausch zwischen Ost- und Westdeutschland, der allerdings nie auf staatlicher Ebene stattfand. Und wie bist du zur DEFA-Forschung gekommen?
Rizo Lenshyn: Im Bachelorstudium für Deutsch und Geschichte habe ich gemerkt, wie unterrepräsentiert ostdeutsche Kultur im Curriculum war. Während meines Masterstudiums an der University of Massachusetts Amherst erhielt ich die Möglichkeit, eng mit der DEFA Film Library zusammenzuarbeiten. Dort konnte ich dann ein Sommer-Filminstitut über Gender und Sexualität in DDR-Filmen mitorganisieren. Währenddessen habe ich über weibliche Filmstars in der DDR promoviert. Beim Filminstitut haben wir Klassiker wie Heiner Carows „Coming Out“ (1989) diskutiert, aber auch weniger bekannte Filme wie Helmut Kißlings „Die andere Liebe“ (1988) und die Fernsehverfilmung „Guten Morgen, du Schöne“ (1979). Sowohl das Institut als auch meine Dissertationsforschung in Berlin wurden vom DAAD gefördert.
Ivanova: Ja, ich kann mich auch noch gut daran erinnern, als ich 2007 als Graduierte am Sommer-Filminstitut teilnahm, das ebenfalls vom DAAD mit gefördert wurde. Es ging um Beziehungen zwischen der DEFA und dem südamerikanischen Film und ich war beeindruckt von der Vielfalt der Genres, Stile und der visuellen Experimente. Die unterschiedlichen Filme, die wir uns damals ansahen und diskutierten, haben sowohl mein Forschungsvorhaben als auch mein Verständnis des DEFA-Filmerbes enorm geprägt.