Schatten sind ein wichtiges Stilmittel in Zeichentrickfilmen. Sie beeinflussen, wie die Zuschauenden sich fühlen, für wie echt sie das Gesehene halten und manchmal erzählen sie auch ganz eigene Geschichten. Welche Ästhetik Schattendarstellungen im farbigen Zeichentrickfilm aufweisen und welche Funktion sie erfüllen, erforscht die Japanerin Megumi Hayakawa in ihrer Dissertation am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich. „In Disney-Zeichentrickfilmen dienen Schatten meist dazu, Szenen realistischer darzustellen“, sagt die DAAD-Alumna. „Es gibt aber auch Beispiele, in denen der Schatten eine eigene Entität darstellt, wie im Disney-Kurzfilm ,The Golden Touch‘ aus dem Jahr 1935. Dort verwandelt sich der Schatten des Königs in einer entscheidenden Szene in den Sensenmann, um seinen Tod vorherzusagen.“
Für ihre Arbeit analysiert Megumi Hayakawa Zeichentrickfilme mit einem speziellen Videoanalyse-Tool. Die Software VIAN (Visual Video Annotation and Analysis) ermittelt und klassifiziert die Schatten Szene für Szene. Die Doktorandin ist zudem Teil der Züricher Forschungsgruppe SNF Autonome Filmfarben in Animation und digitaler Produktion. Hier untersucht sie die Technologie und Ästhetik von Filmfarben in Animationsfilmen der 1930er- bis 1960er-Jahre aus den USA, Deutschland und Japan. „Bei der bisherigen Forschung wurde der Fokus eher auf westliche Filmproduktionen gelegt. Deshalb haben wir unsere Untersuchung um eine interkulturelle Perspektive ergänzt“, sagt sie. Der Einsatz von Farbe in alten Zeichentrickfilmen sei vor allem vom jeweils verwendeten Farbverfahren abhängig. „In Deutschland, den USA und Japan wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten historisch und technisch gesehen wichtige Farbverfahren entwickelt und etabliert.“ Dabei stellte sie fest, dass die Farbgebung nicht kulturspezifisch ist, aber dass die Farbe auf alten Filmen verblasst und sich mit der Zeit verändert, zudem ändern sich durch die Digitalisierung die Farbwerte.
Entfacht wurde Megumi Hayakawas Leidenschaft für alte Animationsfilme während ihrer studentischen Mitarbeit in einem Filmarchiv in Wiesbaden. Als Stipendiatin des DAAD kam sie 2010 nach Deutschland und absolvierte an der Universität Bremen ihren Master in Kunst- und Kulturvermittlung mit dem Schwerpunkt Filmvermittlung. Im Anschluss studierte sie Filmkultur an der Goethe-Universität Frankfurt. Seit 2019 ist sie Doktorandin an der Universität Zürich. ―