Text: Sarah Kanning
Indien – wichtiger Partner von morgen
Vor 65 Jahren eröffnete der DAAD eine Außenstelle in Neu-Delhi. Eine Entscheidung, die für die gemeinsame Zukunft ein gutes Fundament gelegt hat.
Indien ist ein Land der Superlative, ein Zukunftsland: Die Republik ist mit 1,45 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Welt, sondern auch die am stärksten wachsende Volkswirtschaft. In wenigen Jahren wird sie Deutschland und Japan überholt haben. Indiens Innovations- und Forschungskraft bietet großes Potenzial, die Bevölkerung ist jung, und die Bedeutung Indiens als geostrategischer Partner und alternativer Produktionsstandort nimmt rasant zu.
Vor 65 Jahren gründete der DAAD eine Außenstelle in Neu-Delhi. Seither hat sich das Land enorm gewandelt – und auch für die Zukunft ist eine äußerst dynamische Entwicklung zu erwarten. Der Staat investiert Millionen Euro an Forschungsgeldern in Innovationszentren und der Export von Dienstleistungen und Hightechprodukten macht das Land zu einem bedeutenden Akteur im globalen Handel. „Wenn wir auf das Jahr der Gründung der Außenstelle 1960 zurückschauen, blicken wir auf ein Indien mit gerade einmal 360 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern, in dem die Unabhängigkeit erst 13 Jahre zurücklag und das eher als Entwicklungsland denn als Schwellenland erschien“, merkt Dr. Katja Lasch, Leiterin der DAAD-Außenstelle Neu-Delhi, an.
Auch das auf britischen Wurzeln basierende Hochschulsystem steckte noch in einem frühen Stadium – gerade erst waren mit den Gründungen der Institute für Technologie (IITs) Ende der 1950er-Jahre neue Meilensteine gesetzt worden, wobei Deutschland vor allem den Aufbau des IIT Madras in Chennai intensiv unterstützt hat.
„Der DAAD wird als vertrauenswürdiger Partner gesehen und in wichtige Fragestellungen einbezogen.“
Dass der DAAD schon so lange in Indien aktiv ist, länger als die meisten anderen Mittlerorganisationen, versetze ihn heute in eine „komfortable Lage“, wie Katja Lasch es nennt: „Der DAAD wird als vertrauenswürdiger Partner gesehen und in wichtige Fragestellungen einbezogen. Wir merken seit einigen Jahren ein verstärktes Interesse an Deutschland und an bilateralen Kooperationen. Indien hat vor allem in den vergangenen Jahren die Internationalisierung der Hochschulen ins Blickfeld genommen.“
Wie viel Wert Indien auf den Ausbau und die Verbesserung seines Bildungssystems legt, zeigt die nationale Bildungsstrategie (National Education Policy) der indischen Regierung aus dem Jahr 2020. Darin geht es auch um Internationalisierung – indische Hochschulen sind beispielsweise aufgerufen, International Offices zu gründen. Auch jetzt schon sind viele Hochschulen auf Topniveau. Indische Studierende stellen zudem die größte Gruppe an internationalen Studierenden an deutschen Hochschulen – knapp 50.000 studierten dort laut Wissenschaft weltoffen im Wintersemester 2023/2024. Mit mehr als 43 Millionen Studierenden sowie 28,5 Millionen Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe 2 besteht auch in Zukunft ein hohes Rekrutierungspotenzial für ein Auslandsstudium. „Eine Aufgabe des DAAD liegt hier darin, die Talente landesweit zu erreichen“, erklärt Katja Lasch. Dass diese längst nicht nur in den großen, bekannten Metropolen wie Neu-Delhi oder Mumbai zu finden sind, zeigt die breit angelegte Arbeit des DAAD, der Hochschulen und Studierende auch in Regionen wie in Assam, im Nordosten des Landes, anspricht.
Die Arbeit des DAAD in Indien umfasst viele verschiedene Bereiche. Neben der Individualförderung, dem Marketing für den Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland sowie den German Studies sind vor allem Hochschulkooperationsprojekte ein wesentlicher Aspekt. Die 40 bis 60 Projekte im Jahr sind teilweise kofinanziert von verschiedenen indischen Ministerien, unter anderem dem indischen Bildungsministerium (MoE). Eines der stärksten Programme ist das Programm des Projektbezogenen Personenaustauschs des DAAD und des Department of Science and Technology, das die Mobilität zwischen Forschenden innerhalb eines bilateralen Projekts unterstützt. Gefragt ist auch die Expertise des DAAD, die er in Wissens- und Länderberichte, Stellungnahmen, Beratungen von deutschen Hochschulen sowie in die Arbeit der Internationalen DAAD-Akademie (iDA) beispielsweise in Fortbildungen zum Thema „Regionalkompetenz“ einbringt. „Das Interesse an Indien aus Deutschland steigt und es gibt wirklich viele Hochschulen und Einrichtungen in Indien, die mit Deutschland kooperieren möchten.“
Mit mehr als 11.500 indischen Alumnae und Alumni hat auch die Alumniarbeit einen großen Stellenwert für Kooperationen von morgen. In der Webtalkreihe „Alumni for Sustainable Development Goals“ stellen ehemalige DAAD-Geförderte aus Süd- und Südostasien ihre Forschung einem breiten Publikum vor.
Schon vor 65 Jahren zeichnete Indien sich als selbstbewusste Nation aus: „Bereits in den 1960er-Jahren legte Indien großen Wert auf Kooperationen auf Augenhöhe“, sagt Katja Lasch. So wurde beispielsweise ein erstes Abkommen zwischen dem Council of Scientific and Industrial Research (CSIR), einem indischen Pendant zur Fraunhofer-Gesellschaft, und dem DAAD schon vor mehr als 60 Jahren geschlossen. Für Indien stand immer außer Frage, dass Austausch in beide Richtungen funktionieren müsse.
Das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) Neu-Delhi, seit 2017 vom DAAD verantwortet, hat das Ziel, die Information zu den Forschungssystemen beider Länder zu vermitteln und Akteure beider Forschungs- und Innovationssysteme zu vernetzen. Besonders die Themen internationale Wissenschaftskooperation, Bekämpfung des Klimawandels und wissenschaftsbasierter Technologietransfer stünden hier im Zentrum, berichtet Katja Lasch, die auch das DWIH als Direktorin leitet. Es stehe längst nicht mehr infrage, ob Deutschland auch künftig mit Indien kooperieren möchte, so Katja Lasch. „Wir müssen mit Indien kooperieren! Indien wird Deutschland in vielen Bereichen überholen. Doch wir haben in der bestehenden deutsch-indischen Kooperation ein solides Fundament und sollten weiter investieren, dieses zu halten und weiter auszubauen.“ —
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